Gedanken zur abstrakten Malerei
Wien [ENA] 1973 hat Othmar Peter Hartmann dieses kleine Aquarell gemalt und sich dabei tief in die abstrakte Malerei hineinversetzt. Das ist umso interessanter, als er in diesem, seinem letzten Lebensjahr auch noch sehr oft gegenständlich gemalt und noch viele Motive und Themen verarbeitet hat.
Trotzdem gibt uns dieses Aquarell die Möglichkeit über seinen Zugang zur abstrakten Malerei nachzudenken. Wie viel leichter ist es anscheinend Blumen, Porträts oder Landschaften zu analysieren. Nichts ist so schwer und tiefgründig wie abstrakte Bildnisse, deren Sinn sich hinter ihrer "Sinnlosigkeit" verbirgt. Wie ein verborgener Code, der darauf wartet entschlüsselt zu werden, sind Farben und Formen die rätselhaften Zeichen, die sich wie eine undurchdringliche Wand dem Betrachter in den Weg stellen, der oder die nach Sinnesfreuden, Sinnhaftigkeit oder wenigstens Verständnis sucht. Schönheit, Tiefe des seelischen Empfindens oder technisches Können locken nicht wie reife, saftige Früchte und warten verführerisch darauf gepflückt zu werden.
Ganz im Gegenteil. Eine Flut von unbequemen Empfindungen begleiten den Betrachter des abstrakten Kunstwerks. Die Enttäuschung, die sich mit der mageren Kost der sinnlichen Wahrnehmung zufrieden geben muss und darin ihr neues Selbstbewusstsein findet, will auch bald nichts anderes mehr. Sobwie der Expressionismus auf Kosten der Perspektive und realistischen Wiedergabe des Motivs mit den Traditionen gebrochen und die Moderne den Umbruch in zahlreichen Lebensbereichen bewirkt hat, fällt die abstrakte Malerei zurück ins Archaische in ihrer Beschränkung auf Symbole und Farben. Und doch will eine Hand, ein Auge und die verschwommenen Umrisse eines Kopfes in Othmar Peter Hartmanns Aquarell noch teilhaben an der Realität und Formgebung der Natur.